„Expedition Qualifizierung“ in den Hamburger Bücherhallen

Die „Expedition Qualifizierung“ – eine Inhouse-Schulung in den Hamburger Bücherhallen – ging bereits in die vierte Werkstattwoche. Was die Teilnehmerinnen erlebten, lernten und mitnahmen berichtet Marlies Göbel.

Unsere „Expedition Qualifizierung“ startete im September 2014 und inzwischen liegt unsere vierte Werkstattwoche hinter uns. Wir, das sind 12 Kolleginnen der Bücherhallen Hamburg, die an dieser Fortbildung teilnehmen – im Rahmen von weiterBilden des Hamburger Kinderbuchhauses und unter Leitung von Kerstin Hof. Im Juni 2016 wird die letzte der fünf Werkstätten stattfinden, anschließend starten wir mit den eigenen Projekten, an denen jede von uns arbeitet.

Geschichtenfahrplan

Geschichtenfahrplan

Die vierte Werkstatt hatte das Thema „Storytelling“. Es ging um Kreatives Schreiben, ums Erzählen, Präsentieren und Vorlesen und um den guten und wirkungsvollen Einsatz unserer Stimme.
Die Gruppe kennt sich inzwischen gut und wie bei jeder Werkstatt sind unsere kompetenten Dozentinnen Kerstin Hof und Heidi Jakob dabei! Es waren vier ereignisreiche und sehr intensive Tage.

Kreatives Schreiben

Kreatives Schreiben

Am ersten Werkstatttag haben wir uns mit dem Kreativen Schreiben befasst. Kerstin Hof definierte den „guten Rahmen“, der an dem Tag (aber auch an den folgenden Tagen) für uns galt und der einen ausgesprochen positiven Einfluss auf die Atmosphäre innerhalb der Gruppe hatte.
Unter diesen guten Voraussetzungen haben wir uns an das Schreiben erster Texte herangetraut – mit beeindruckenden Ergebnissen, wie ich finde. Es sind poetische, lustige, komische, informative, eine Situation treffende und auch sehr persönliche Texte entstanden.

Ein Beispiel: In dem Text „Ich Stuhl“ bekommen wir Einblick in das Leben, Leiden und Träumen eines Stuhls. Er beginnt mit den Worten „Guten Tag, ich bin Stuhl“. Ein ganz normaler Stuhl in einem Restaurant. Wir erfahren auch, dass der Restaurantbesitzer Gustav es „wagt“, sich „mit den Füßen, die in harten Schuhen stecken“, auf den Stuhl draufzustellen – aber wir lernen auch Rosa kennen, die den Stuhl zum Träumen bringt. Wir alle hatten plötzlich großes Mitgefühl mit dem Restaurantstuhl – was so ein Text alles macht.

Am zweiten Tag hat uns Annette Huber von Seiteneinsteiger Hamburg e.V. das japanische Papiertheater Kamishibai nähergebracht und verschiedene Verwendungsmöglichkeiten mit uns erarbeitet. Auch hier sind wir dann selbst aktiv geworden. Zum Beispiel mit dem Bilderbuch „Ojemine!“ von Iwona Chmielewska. Zum Inhalt: das Bügeleisen hat einen bräunlichen Abdruck auf dem guten Tischtuch hinterlassen – was tun? Was wird Mutter sagen? Am Ende sprudelten die Ideen nur so! Hilfreiche Fragen waren: Was ist das Thema der Geschichte? Gibt es Geräusche, die man einbringen könnte? Müssen bestimmte Worte erklärt werden? Welche Requisiten können ergänzend eingesetzt werden?

Sabine Meyer / Erzähltheater Osnabrück

Sabine Meyer / Erzähltheater Osnabrück

Zum Thema „Geschichten erzählen“ betrat dann am folgenden Tag Sabine Meyer vom Erzähltheater Osnabrück die Bühne. Ich habe sie nicht nur als Dozentin, sondern auch als Künstlerin erlebt! Und sie brachte ihren geheimnisvollen Erzählkoffer mit. Der Inhalt: vielfältige spielerische Möglichkeiten, ein Erzählthema, Erzählfiguren oder Gegenstände für eine Geschichte zu finden. Es gab Würfel mit verschiedenen Abbildungen darauf, eine Drehscheibe, die dann bei einer bestimmten Abbildung stoppt, eine Schatzkiste mit Gegenständen, eine Kiste mit Kärtchen nur für Krimifans und vieles mehr. In kleinen Gruppen wählten wir, anhand der Würfel, Drehscheibe, Kärtchen … zunächst ein Bild / ein Wort und dann ein Thema aus und brachten dann ein Märchen zu Papier. Vorher hatten wir natürlich viel erfahren über Handlungsstränge, Struktur von Märchen, Leitmotive und den „roten Faden“. Am Ende hörten wir verschiedene, neu entstandene Märchen! Das Besondere geschah aber, nachdem jede Gruppe ihr Märchen vorgelesen hatte: Sabine Meyer hatte vorher (bevor wir unsere Geschichten schrieben) den Beginn eines Märchens erzählt. Jetzt, nachdem sie unsere Märchen gehört hatte, erzählte sie ihr Märchen weiter und Figuren und Gegenstände aus allen unseren Märchen tauchten in ihrer Geschichte auf. Wir waren alle sehr beeindruckt.
Für mich ist hierbei sehr deutlich geworden, wie wichtig die Einbeziehung aller Teilnehmer ist, wie positiv sich das auf den Einzelnen auswirkt – diese Wertschätzung haben wir selbst erfahren!

Alina Gregor

Alina Gregor

Sehr viel, was ich direkt für meine berufliche Praxis nutzen kann, haben wir am vierten Tag mit der Schauspielerin Alina Gregor gelernt. Es ging um unsere Stimme, um das Vorlesen und Präsentieren. Wir haben probiert, mehr Tiefen und Höhen und auch mehr Emotionen in unsere Stimme zu bringen, was manchmal etwas Überwindung kostete. Wichtig ist ein lebendiges Vorleseerlebnis – dafür haben wir viel geübt und immer ein sehr nützliches und aufschlussreiches Feedback bekommen. Bei dem Satz „Ein wilder Hund riecht nämlich wie Waldboden (Zitat aus: “Frerk, du Zwerg“ von Finn-Ole Heinrich) sollte auch die Stimme laut und wild sein – das erfordert Mut.
Jede hat für diesen Tag das eigene Ziel selbst definiert und daran gearbeitet.
Wir haben auch Techniken zum Einbeziehen der Kinder kennengelernt und geübt, zum Beispiel das chorische Sprechen. Dabei hatten wir nicht nur viel Spaß, wir haben auch erfahren, wie wichtig ein aktives Integrieren der Kinder ist. Mein Schlüsselgedanke für diesen Tag: Ich sende meine Worte aktiv an die/den Empfänger und achte darauf, dass sie dort auch ankommen.

Chorisches Sprechen

Chorisches Sprechen

Dieser Gedanke ist ab sofort bei jedem Vorlesen/Sprechen in meinem Kopf!
Am Ende des Tages haben wir uns alle etwas mehr getraut, was Stimme, Ausdruck, Mimik und Gestik betrifft.

Diese Werkstattwoche hat viele neue, interessante Informationen, Anregungen und Impulse für unsere Arbeit gebracht – jetzt möchte ich unbedingt alles Gelernte und Erfahrene in die eigenen Projekte einbringen und sie so weiterentwickeln.

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